Tag 1925. entkommen.

Aufgrund dieser Reaktionen auf den Rorschachtest fanden wir heraus, dass Traumatisierte dazu neigen, ihr Trauma in alles, was in ihrer Umgebung geschieht, hineinzusehen, und dass sie das, was um sie her geschieht, kaum jemals adäquat verstehen können. Offenbar konnten sie zwischen dem realen gegenwärtigen Geschehen und ihren traumatischen Erinnerungen kaum unterscheiden. Außerdem wurde uns durch den Test klar, dass Traumata sich auf die Imagination auswirken. […]

Die Vorstellungskraft ist für die Lebensqualität von größter Bedeutung. Sie ermöglicht uns, der Routine unseres Alltagslebens zu entkommen, indem wir Fantasien über Reisen, Essen, Sex, Verliebtheit oder darüber, dass wir in irgendeiner Sache das letzte Wort haben könnten, entwickeln – […] sie ist eine wichtige Voraussetzung für die Verwirklichung unserer Hoffnungen. Sie befeuert unsere Kreativität, erlöst uns von der Langeweile, lindert unseren Schmerz, vergrößert unsere Freude und bereichert unsere intimsten Beziehungen.

Wenn Menschen wie unter Zwang immer wieder in ihre Vergangenheit zurückgezogen werden, in die Situation, in der sie das letzte Mal ein starkes persönliches Engagement erlebt und tiefe Emotionen empfunden haben, leiden sie unter einem Versagen ihrer Vorstellungskraft, einem Verlust ihrer mentalen Flexibilität. Ohne die Imagination gibt es keine Hoffnung, keine Chance, sich eine bessere Zukunft vorzustellen, keinen Ort, an den man sich begeben, und kein Ziel, das man erreichen kann.

Bessel van der Kolk, Das Trauma in dir

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